Übersicht

Im diesem Abschnitt soll das Vorgehen bei der Datierung beschrieben und anhand synthetischer Daten die Möglichkeiten, aber auch Schwierigkeiten der Methode erklärt werden.

Die archäologischen Voraussetzungen

Die geophysikalische Methode der archäomagnetischen Datierung stützt sich auf den so genannten Paläomagnetismus von Gesteinen (näheres siehe z.B. Soffel, 1991), der auch in geheizten archäologischen Strukturen (Archäomagnetismus) auftritt. Dies können Öfen, Meiler, Feuerstellen und jegliche andere in situ gebrannte Struktur, aber auch alle Arten von Keramiken sein. Durch das Erhitzen auf mehrere Hundert Grad Celsius richtet sich die Magnetisierung der magnetischen Mineralanteile des Ofenlehms, der Ofensteine, des anstehenden Bodens oder auch des geformten Tons parallel zum Erdmagnetfeld aus (siehe Abb. rechts) und wird als dauerhafte Thermoremanenz bei jeder Abkühlung neu gespeichert. Wenn dieses Material in einer archäologischen Grabung noch in seiner exakten Position angetroffen wird, kann somit die Richtung des Erdmagnetfeldes zur Zeit der letzten Abkühlung des Befunds bestimmt werden. Deplaziertes Material wie Töpferwaren, Ziegel oder Versturz einer Ofenkuppel, verliert dagegen die Orientierung, so dass hier nur noch die Stärke des Erdmagnetfeldes bestimmt werden kann. Diese Messungen sind jedoch wesentlich aufwändiger und ungenauer, so dass sie eher selten zur Altersbestimmung benutzt werden.

Die Kalibarationskurve

Um archäomagnetisch datieren zu können, muss zunächst eine Säkularvariationskurve erstellt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Magnetfeld und seine Säkularvariationsmuster regional unterschiedlich sind und so können weder die Daten noch eine Säkularvariationskurve über weite Entfernungen transferiert werden. Deshalb ist die in Frankreich seit langem etablierte Säkularvariationskurve (Gallet et al., 2002; Thellier, 1981) zwar noch im Rheinland jedoch nicht in Ostdeutschland oder gar Österreich verwendbar. Zunächst muss deshalb ein Datensatz für die Archäorichtungen des EMFs für ein hinreichend kleines Gebiet und einen bestimmten Zeitraum erstellt werden. Die hierfür verwendeten archäologischen Strukturen müssen mit anderen Methoden gut datiert sein. Diese Richtungen werden dann mit der Dipolformel auf einen Referenzort in der Mitte der Fläche umgerechnet (reduziert). Neben dem eigentlichen Messfehler resultiert auch aus der Reduktion ein kleiner Fehler. Die Richtungen weisen also eine gewisse Streuung auf, die durch die Kalibrationskurve mit ihrem Fehlerband berücksichtigt werden muss. Aus der Verteilung der Richtungen und ihrem Alter wird die Säkularvariationskurve mit Hilfe einer Bayesstatistik berechnet (Lanos, 2004). Dabei wird eine Spline-Kurve (natural cubic spline) an die Daten angepasst. Dies ist eine Kurve, die einen Kompromiss zwischen einer guten Anpassung an die Streuung der Daten und einer möglichst glatten Kurve darstellt. Ähnlich wie bei der 14C-Kalibrationskurve (Reimer et al., 2004) wird mit Hilfe eines Bayesschen hierarchischen Modells auch ein Fehlerband um die Kurve berechnet, in dem die wahre Kurve mit 95% Wahrscheinlichkeit enthalten ist.

Die aktuell vorliegenden Kurven für Deutschland und Österreich erlauben eine Datierung für die letzten 2500 Jahre.

Archäomagnetische Datierung

Für die archäomagnetische Datierung müssen aus der archäologischen Struktur orientierte Proben entnommen werden, da die eigentlichen Messungen im Labor durchgeführt werden. Näheres über die unterschiedlichen Methoden sind z.B. bei Soffel (1991) oder Trapanese et al. (2007) zu finden. An den Proben wird dann mit paläomagnetischen Methoden die Archäorichtung am Ort der Struktur bestimmt, die bei der letzten Aufheizung der Struktur gespeichert wurde.

Die gemessene Archäorichtung wird dann mit der Säkularvariationskurve verglichen, bzw. in den drei Komponenten (D, I, F) jeweils auf Übereinstimmung untersucht. Für die Richtung ergibt sich das Alter aus der Überlappung des Fehlerkreises mit dem Fehlerband der Säkularvariationskurve. Hierbei kann dann eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für das Alter berechnet werden. Da mehrere Überlappungen existieren können, muss ein archäologisch sinnvolles Alter festgelegt werden.

Die Genauigkeit der Datierung einer Fundstelle wird wesentlich durch die Anzahl der Proben von unabhängigen Befunden bestimmt. In Deutschland wie auch in Österreich kann eine Datierungsgenauigkeit von ca. 100 Jahren oft erreicht werden. Mit sehr genau bestimmten Richtungen (wenn α95 unter 1° liegt) kann die Datierungsgenauigkeit auch ca. 50 Jahre (± 25 Jahre) betragen. Hier ist dann aber eine sehr große Zahl von Proben erforderlich, die mindestens 25 überschreiten sollte. Grundsätzlich ist immer in den Zeiten, wo die Kalibrationskurve enge Bögen oder Schleifen macht oder ihr Fehlerband sehr breit ist, mit einer geringeren Datierungsgenauigkeit zu rechnen. Andersherum sind die Fehler grundsätzlich in der Römerzeit nicht größer als im Mittelalter, da in beiden Zeitbereichen gute archäologische Chronologien und viel Fundmaterial vorhanden sind, woraus eine besser belegte Kalibrationskurve erstellt werden konnte, als für vorchristliche Zeit oder das Frühmittelalter.

Prinzip

Ofen mit Feldlinien

Archäologische Strukturen speichern beim Heizen die Richtung und Stärke des aktuellen Erdmagnetfeldes.

Deutschland

Kurve Deutschland

Die Säkularvariationskurve für Deutschland.

Österreich

Kurve Österreich

Die Säkularvariationskurve für Österreich.

Datierung

Datierung

Die Überlappungen in Inklination (I) und Deklination (D) bilden die Wahrscheinlichkeits- verteilung für das Alter.